Bulletin FIDACA Nr. 27 - Sommer 2013
INHALTSVERZEICHNIS
1- LEITARTIKEL vom Präsidenten
2- Botschaft von Pater Jean-Baptiste Bondélé : 'Lumen Gentium'
3- DIE PERSON MIT BEHINDERUNG UND DAS PONTIFIKAT VON BENEDIKT XVI
4- Der Ursprung des Blindenstockes
5- VERZEICHNIS DER MITARBEITER und DATEN WEBSITE FIDACA
6- ANHANG : Zusammenfassung wichtiger Resolutionen der 8. WBU-Vollversammlung
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1/ LEITARTIKEL
Seit unserem letzten Bulletin ist ein wichtiges Ereignis in der Kirche eingetreten.
Benedikt XVI. hat sich zurückgezogen und in dieser Ausgabe werden wir eine von unserem Vize-Präsidenten verfasste Hommage halten, weil er im Laufe seines Pontifikats mehrere Male seine Unterstützung für Menschen mit einer Behinderung unterstrichen hat.
Angekommen ist ein neuer Papst, der Franziskus als Vorname gewählt hat und der arm in seinem Herzen sein will und einen neuen Elan in die Kirche bringen will, wie der Heilige Franziskus von Assisi es vor mehreren Jahrhunderten tat.
Das Jahr des Glaubens ist wichtig für den neuen Heiligen Vater, der für die Menschen mit Behinderung erwägt, dass die Heilung des Blinden im Evangelium das Geschenk des Glaubens darstellt.
Der Papst Franziskus erinnerte im Laufe einer aufgezeichneten Botschaft vom 11. Juni 2013, die für die Mitglieder der italienischen Blindenunion „Union Italienne des personnes aveugles“ bestimmt war, daran, dass „das Evangelium uns sagt, dass Jesus den Blinden eine besondere Aufmerksamkeit schenkte. Er hat sich um viele davon und um andere gekümmert. Aber die Behandlung von Menschen, die das Augenlicht verloren haben, nimmt eine besonders symbolische Bedeutung ein: Sie versinnbildlicht das Geschenk des Glaubens. Und das ist ein Zeichen, das uns alle betrifft, weil wir alle das Licht des Glaubens brauchen, um den Lebensweg zu gehen.
Deshalb ist die Taufe, die man früher auch das „Sakrament der Erleuchtung“ nannte, das erste Sakrament des Glaubens“.
Der Heilige Vater hat den Herrn gebeten „in jedem und jeder das Geschenk des Glaubens zu erneuern, damit ihr Geist immer das Licht Gottes sei, das Licht der Liebe, das unserem Leben einen Sinn gibt, das Hoffnung gibt und uns gut und abkömmlich sein lässt für unsere Brüder und Schwestern“.
Unser internationaler Seelsorger hat in diesem Bulletin einen Text über Lumen Gentium und ein Gebet geschrieben sowie das 50. jährige Bestehen des II. vatikanischen Konzils geschildert.
Der Blindenstock wird in diesem Bulletin ebenfalls präsentiert, darauf hinweisend, dass diese Unterstützung, über Jahre hinweg, den blinden Menschen auf der Welt ein Öffnen ermöglichte.
Wir fügen die Empfehlungen der Weltblindenunion –Union Mondiale des Aveugles- bei, da die FIDACA teilnehmendes Mitglied ist.
Diese Ausgabe ist ein Bulletin, das sich verbindend gibt und zeigt wie wichtig das Werk, das wir durch unsere Mitglieder führen, ist, sowohl auf der Welt wie in der Kirche,
Wir wünschen Ihnen ein gutes und lohnendes Lesen.
Der Präsident
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1. Christus, das Licht der Völker, zeigt uns den Weg des Heils; er selbst ist ja das Heil, damit der Mensch in Gemeinschaft mit Gott lebt. Er ist das einzige Licht des Vaters, Licht vom Licht, wahrer Gott, aus Gott geboren. Mehrfach im vierten Evangelium bekräftigt er, er selbst sei das Licht der Welt: »Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis umhergehen, sondern wird das Licht des Lebens haben« (Joh 8,12). Er ist das Licht, das »leuchtet in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfasst« (Joh 1,5). Außerdem sagt er uns: »Wir müssen, solange es Tag ist, die Werke dessen vollbringen, der mich gesandt hat; es kommt die Nacht, in der niemand mehr etwas tun kann« (Joh 9,4). »Nur noch kurze Zeit ist das Licht bei euch. Geht euren Weg, solange ihr das Licht habt, damit euch nicht die Finsternis überrascht. Wer in der Finsternis geht, weiß nicht, wohin er gerät« (Joh 12,35).
2. Christus, das Licht in Person, erleuchtet die Kirche als Sakrament des Heils. Deshalb erleuchtet Er auch 50 Jahre nach dem Konzil die Kirche durch sein Geheimnis und macht die unsichtbare heilige Dreifaltigkeit in seinem Angesicht in der Welt sichtbar. Diese Kirche ist Geheimnis und pilgerndes Volk zugleich, dasselbe Licht leuchtet ihm auf dem Weg, und alle Glieder des pilgernden Gottesvolkes haben gleiche Würde und tragen mit- und füreinander Verantwortung. Diese Kirche ist zugleich göttlich und menschlich, sie ist heilig und besteht doch aus Sündern.
3. Gleiche Würde der Person, aber Gleichwertigkeit der Verantwortlichkeiten je nach Geistesgaben und Berufungen, das ist die Gestalt der Kirche im Sinne des II. Vatikanums, denn, wie der Psalmist sagt: »Er schenke dir, was dein Herz begehrt, und lasse all deine Pläne gelingen« (Ps 20,5). In diesem Spannungsfeld von Gleichheit und Gleichwertigkeit ist der Respekt vor jeder Person und ihrer Verantwortung begründet. Das ist eine Kirche, die der göttlichen Ordnung und dem Prinzip der Harmonie gehorcht, wonach jeder das Seine tut.
4. Diese Kirche ist weit davon entfernt, eine vollkommene Gesellschaft im Sinne einer weltlichen Organisation zu sein, in der es auf perfekte Strukturen sowie auf Rangordnungen ankäme. Vielmehr ist es eine dienende Kirche, in der die Liebe zur Macht durch die Macht der Liebe ersetzt wird. Liebe ist die einzige Macht der Christen. Es ist dies eine geschwisterliche Kirche, da Jesus alle einlädt, ihm zu dienen: »Wer der Erste sein will, soll der Letzte von allen und der Diener aller sein« (Mk 9,35); auch gilt uns seine Aufforderung an die Apostel: »Ihr sagt zu mir Meister und Herr, und ihr nennt mich mit Recht so; denn ich bin es. Wenn nun ich, der Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, dann müsst auch ihr einander die Füße waschen. Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe« (Joh 13,13-16). Die nachkonziliare Kirche darf sich nicht auf einen 'Sakramentalismus' beschränken, also auf ihre Funktion als Verwalterin von Sakramenten. Es ist eine Kirche, die zu allererst auf das Wort Gottes hört (Dei Verbum 1), die sich als Gemeinschaft der Jünger und Verkünder des Evangeliums versteht.
5. Die Konstitution Lumen Gentium definiert Christus als die Mitte, als gemeinsamen Nenner von Volk Gottes und Priestertum, wobei das Priestertum eine dienende Funktion hat; auch das allgemeine Priestertum aller Getauften wird betont aufgrund der Worte des hl. Petrus: »Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliger Stamm, ein Volk, das sein besonderes Eigentum wurde, damit ihr die großen Taten dessen verkündet, der euch aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen hat« (1 Petr 2,9). Diese Worte recht zu verstehen heißt, den Sinn der Taufe zu verstehen. Leben als Laien oder Priester sind somit zwei einander ergänzende Berufungen; Ziel beider aber, mit Christus als Mitte und gemeinsamem Nenner, ist die Heiligkeit. Das hierarchiezentrierte Denken macht dem Denken in der Kategorie der Kirche als Liebesgemeinschaft Platz — vom gemeinsamen Teiler, der Hierarchie und dem Machtstreben, verlagerte sich nun der Schwerpunkt zum gemeinsamen Nenner, der Macht der Liebe, die alles bewirkt und alles verändert. Lumen Gentium propagiert eine neue Kirche, die Kirche der Liebe und des Dienstes. Heiligkeit, einst Privileg der Geistlichen, ist nun (wieder) Berufung aller.
6. Diese Kirche, die noch auf dem Weg ist zum endgültigen Triumph, will aus den Sakristeien hinausgehen, in den Dialog mit der Welt eintreten, die Grenzen der Völker überwinden und damit wahrhaft eine universelle, allumfassende — katholische — Kirche werden. Katholisch ist sie durch Christus als Mittler, sie verwirklicht sich aber in den Ortskirchen. Es ist somit eine bunte Kirche, ein vielfarbiges Mosaik aus zahlreichen Kulturen, und doch bekennt, verkündet und feiert die Kirche jeden Tag aufs Neue eine einzige Wirklichkeit in Tat, geistlicher Übung, Liturgie und Anbetung.
7. Diese Katholizität drückt sich besonders in einer Person aus; diese hat gläubig den Auftrag angenommen, Mutter des Herrn zu werden: die Jungfrau Maria. Es ist wichtig, sich darüber im Klaren zu sein, dass der Gruß des Engels Gabriel bei der Verkündigung an Maria am Ursprung dieser Katholizität und Universalität steht. Als Gruß verwendet der Engel Gabriel nämlich nicht das im jüdischen Umfeld gebräuchliche Schalom, sondern das griechische Chaire (χαῖρε 'freue dich'. Mit diesem griechischen Grußwort deutet sich an, dass, was bis dahin den Juden vorbehalten war, sich nun auf alle ausweitet: Mit Christus, empfangen von der Jungfrau Maria, beginnt etwas Neues, das Neue. Eine neue Generation tritt damit auf den Plan, die Generation des Neuen Bundes, eine Generation universeller Freude. Das Gebet 'Gegrüßet seist Du Maria (freue dich, Maria)' ist das Gebet wahrer Katholizität, die allen Exklusivismus überwindet und alle in die allumfassende Freude mit einschließt. Christus ist die Frohbotschaft, das Evangelium selbst. Maria ist damit die Mutter der Freude, die Mutter der Frohbotschaft, Mutter der Katholizität, Schülerin und Mutter der Kirche. Die Kirche hat damit den Auftrag, die frohe Botschaft zu verkünden und mit allen zu teilen — allen mitzuteilen, weil diese Botschaft das Licht der Völker ist.
8. Zahlreich sind heute die Menschen, die in der Kirche sind und des Lichts bedürfen. Dieses Licht, dessen die Christen bedürfen, ist nicht nur ein Licht, das die Augen erleuchtet, sondern auch und vor allem ein Licht, das die Herzen erleuchtet. Das Licht, das die Herzen erleuchtet, ist die Freude; diese Freude aber ist Christus, die in uns vollkommene Freude, die uns niemand nehmen kann (Joh 16,22). Lumen Gentium ist also die Freude der Völker inmitten einer Welt, die Trauer und Tod verkündet, Freude inmitten gebrochener Herzen. Das größte Verbrechen, das die Kirche begehen kann, ist, diese Freude nicht weiterzugeben. Die Kirche muss diese Freude ausstrahlen und sie der Welt verkünden. Die Neuevangelisierung muss eine Verkündigung und ein Zeugnis der Freude sein. Das Licht sehen heißt, in der Freude Christi zu leben, die die Herzen bewegt, in der Hoffnung zu leben; das Licht nicht sehen ist gleichbedeutend mit Traurigkeit.
Die Kirche unter dem Schutz des hl. Franz von Assisi
9. Genau 50 Jahre nach der Eröffnung des II. Vatikanums hat es Gottes Vorsehung so gefügt, dass wir nach der Eröffnung des Jahres des Glaubens durch Papst Benedikt XVI. dieses Jahr unter dem besonderen Schutz des hl. Franziskus beenden, unter der Leitung des Papstes Bergoglio (Franziskus), der seine Kirche mit seinem eigenen, guten Beispiel einlädt, in einer Welt voller Traurigkeit die Freude zu säen. Die Freude weiterzusagen und weiterzugeben, das ist also die Aufgabe aller Getauften und die Mission der Kirche. Christus, Licht der Völker, ist die Freude der Völker. Diese Freude ist das wahre Licht, nach dem sich die Herzen sehnen. Zum Schluss dieser Betrachtung über die dogmatische Konstitution Lumen Gentium ist es angebracht, mit dem hl. Franz zu beten:
Freude bringen als Aufgabe
10. Herr, mach mich zu einem Werkzeug des Friedens: dass ich Liebe bringe, wo man sich hasst.
dass ich Versöhnung bringe, wo man sich kränkt.
dass ich Einigkeit bringe, wo Zwietracht ist.
dass ich den Glauben bringe, wo Zweifel quält.
dass ich Wahrheit bringe, wo Irrtum herrscht.
dass ich die Hoffnung bringe, wo Verzweiflung droht.
dass ich die Freude bringe, wo Traurigkeit ist.
dass ich das Licht bringe, wo Finsternis waltet.
O Meister, hilf mir, dass ich nicht danach verlange: Getröstet zu werden, sondern zu trösten.
Verstanden zu werden, sondern zu verstehen.
Geliebt zu werden, sondern zu lieben. Denn:
Wer gibt, der empfängt,
wer verzeiht, dem wird verziehen.
Wer stirbt, der wird zum ewigen Leben geboren.
Amen.
P. Jean-Baptiste Bondele Liilo Balombe SMM
Internationaler Seelsorger der FIDACA
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3/ DIE PERSON MIT BEHINDERUNG UND DAS PONTIFIKAT VON BENEDIKT XVI
Es gab viele Gesten und Worte mit denen seine Heiligkeit Benedikt XVI die behinderten Menschen während seines Pontifikats begrüßte.
Wir können hunderte davon klar herausstellen, aber ich denke, dass jene, die hier in dem vorliegenden Dokument dargelegt werden, eine Vorstellung von der Sensibilität und der Sorge geben können, von der das Problemthema des Pontifikates geprägt war.
Zweifellos war die passendste Bekanntgabe die der ersten Seligsprechung in der Geschichte der Kirche einer weltlichen, gelähmten und blinden Person. Eine Besetzung ohne Gleichen, die der Papst im Jahr 2010 in der Stadt Linares und in der Person von Manuel Lozano Garrido, genannt „Lolo“ möglich machte. Ich betone nachstehend einige Worte des Briefes der Seligsprechung:
„Gewähren wir die Fähigkeit ehrwürdiger Diener Gottes zu werden, Manuel Lozano Garrido, weltlicher Gläubiger, der das Apostolat unermüdlich ausübte und mit Mut, Gelassenheit und Freude seine Behinderung und Blindheit angenommen hat.
Schließlich haben die behinderten Personen ein Vorbild an christlicher Freude und realer Verbesserung, der wir uns durch sein Beispiel von einem von Gott ausgefülltem Leben nähern können.
Die apostolische Ermahnung, post-synodal „Verbum Domini“ in Paragraph 71, bezieht sich unmissverständlich auf die Sehbehinderung und die Gehörlosigkeit:
Paragraph 71: In diesem Zusammenhang erinnere ich mich auch daran, dass die Synode empfahl, eine besondere Aufmerksamkeit jenen zu schenken, die durch ihre eigene Beschaffenheit Schwierigkeiten haben, aktiv an der Liturgie teilzunehmen, wie z.B. die Seh- und Hörbehinderten.
Ich ermutige die christliche Gemeinschaft, im Rahmen des Möglichen, die adäquaten Mittel zur Verfügung zu stellen, um den Brüdern und Schwestern, die dieses Problem haben, so zu helfen, damit sie lebendigen Kontakt mit dem Wort Gottes haben. (247)
In der Botschaft an das Volk Gottes, nach der Synode der Neuevangelisierung kann man diese Zeilen finden, ganz eindeutig:“Die Christen sind aufgerufen, die Nähe der Kirche gegenüber den Kranken und den Behinderten zu zeigen und Dankbarkeit für jene, die mit Professionalität und Menschlichkeit für deren Gesundheit arbeiten.“
Einer der Höhepunkte des Pontifikats von Benedikt XVI war bei den Weltjugendtagen von Madrid vor der Mahnwache: der Papst hatte zum ersten Mal ein Treffen mit den jungen Behinderten, die gekommen waren, um einmal mehr die Jugendtage zu feiern.
In seiner Rede, die an sie gerichtet war, können wir folgenden Wortlaut lesen:
„Liebe Freunde, unsere Gesellschaft, die viel zu oft die unschätzbare Würde des Lebens, von jedem Leben, in Zweifel zieht, braucht euch: Ihr tragt auf entscheidende Weise dazu bei, die Zivilisation der Liebe aufzubauen. Außerdem, seid die Protagonisten dieser Zivilisation. Und wie die Kinder der Kirche, schenkt dem Herren eure Leben, euren Kummer und eure Freuden indem ihr mit IHM zusammenarbeitet und fangt an „um in gewisser Weise teilzuhaben am Schatz des Mitgefühls, das das menschliche Geschlecht braucht.“ (Pse Salvi, 40).
Jedes Jahr am 2. Dezember, dem Internationalen Tag des behinderten Menschen, richtet der Papst einige Worte der Ermunterung an Millionen von Behinderten, die die Menschheit bevölkern: „Jeder unter euch, auch mit physischen und geistigen – selbst schweren - Einschränkungen, ist von unschätzbarem Wert und muss als solcher angesehen werden.“
„Ich ermutige die kirchlichen Gemeinschaften, wachsam und freundlich zu diesen Brüdern und Schwestern zu sein. Die Regierenden und Regierungsvertreter sind ermahnt worden, die Behinderten zu schützen und ihre volle Teilnahme am Leben der Gesellschaft zu fördern.“
Benedikt XVI, 02.12.2012
Der Papst hat immer die Lobrede für die Vereinigungen, Bewegungen, religiösen Orden, die sich der Behindertenarbeit widmen, gehalten. Am 9. Februar dieses Jahres, anlässlich einer Audienz, die für Mitglieder des Malteser Ordens gewährt war, konnte man die Worte des Hl. Vaters hören: „Geht und trefft euch mit Kranken, mit alten und behinderten Menschen … ihr werdet Christus dienen.“
Benedikt XVI geht jedoch weiter in seiner Rücktrittserklärung indem er seine mangelnde Eignung anerkennt und sich uns als eine weitere behinderte Person anschließt:
„… die Kraft, die in diesen letzten Monaten in mir derart abgenommen hat, dass ich meine Unfähigkeit zugeben muss, das Amt, das mir anvertraut wurde, ausüben zu können.“
Das Pontifikat dieses Papstes, zu seiner Zeit kurz, war gefüllt gewesen mit viel Wissen aus der Welt der Behinderung, was den Mensch dazu bringt, einer unter uns zu sein.
Die „Unfähigkeit“ von Benedikt XVI nimmt in ihm eine Form an, ein Beispiel in der Liebe und in der Auslieferung an Christus mittels seiner Kirche und über jene, die davon am meisten brauchen.
14. Februar 2013
Ignacio Segura Madico
Vize-Präsident der FIDACA
Präsident der CECO
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4/ Der Ursprung des Blindenstockes
Zu Beginn dieses 3. Jahrtausends bleibt der Blindenstock das unumgängliche Objekt, der treue Gefährte, der den Weg weist für Millionen von blinden und schwer behinderten Menschen.
Über Frankreich hinaus fordern drei Länder dessen Erfindung ein.
In England 1921, hatte ein Fotograph zum ersten Mal einen Blindenstock gemalt
In den USA in 1929 hatte ein Mann dasselbe getan
Und im gleichen Jahr in Kanada hatte eine Person die gleiche Idee.
Es ist gut möglich, dass die gleiche Idee in verschiedenen Ländern in den Köpfen von Menschen keimte, die auf die Situation ihres Nächsten achten. Es ist jedoch Frau HERBEMONT, auf die die Ehre zurückgeht, ihre Idee weit verbreitet zu haben und sie mit jenen zu teilen, die die Macht hatten, dessen Verwirklichung und Ausbreitung zu übernehmen. Auch wegen ihrer Persönlichkeit, ihres Verständnisses für die Sehbehinderung, ihrer menschlichen und finanziellen Einbeziehung zur Verwirklichung ihres Projektes, wegen ihrer Bescheidenheit und ihrem Mut verdient sie unsere Bewunderung und unsere Anerkennung.
Danksagung: Auszug aus dem Artikel von Herrn Marcel CHALAYE, Mitglied der GIAA/
Groupement des Intellectuels Aveugles ou Amblyopes
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Wir erzählen Ihnen hier demnach von Frau d’Herbemont:
Guilly d’Herbemont ist am 25. Juni 1888 in Brüssel geboren. Ihre Mutter ist Belgierin und sie verbringt ihre Kindheit zwischen Belgien und Frankreich.
Der Zufall will, in den dreißiger Jahren, dass Frau Guilly nunmehr 42 Jahre, in einem Viertel von Paris wohnt, das von vielen Blinden besucht wird, die in ein für sie bestimmtes Haus in der Nähe von ihr gehen. Guilly d’Herbemont hat somit oft die Gelegenheit, sei es indem sie sie bemerkt, sei es indem sie ihnen ihre Hilfe anbietet, festzustellen, dass das ganze Verkehrswesen für die Blinden ganz schön gefährlich ist, selbst zu jener Zeit…!
Unsere Freundin, geplagt von den Gefahren, denen sich die Blinden aussetzen, sobald sie veranlasst sind, sich fortzubewegen, ist von der absoluten Notwendigkeit überzeugt, ihnen ein Zeichen zuzuteilen, einen charakteristischen Gegenstand. Daher die Idee des Blindenstockes, - da die Stöcke der Verkehrspolizisten weiß sind – ein Stock, der dazu bestimmt ist, sie als Blinde innerhalb der Bevölkerung einzuordnen und ihnen zu erlauben, die Fahrzeuge zu stoppen, indem sie ihn bei Bedarf hochheben.
Guilly gibt sich mit dieser brillanten Idee nicht zufrieden; sie legt eine seltene Entschlossenheit an den Tag, um sie zu konkretisieren: Sie schreibt an den Direktor einer großen Tageszeitung in jener Zeit: L’ECHO DE PARIS, die ihren Brief nach Erhalt veröffentlicht und den Polizeipräfekt und den Direktor der Stadtpolizei alarmiert. Diese letzteren berufen die Repräsentanten verschiedener Vereinigungen und Direktoren von Einrichtungen, die Blinden vorbehalten sind, ein.
Nach einigen Vorbehalten und materiellen Schwierigkeiten, übergibt, Frau d’Herbemont am 07. Februar 1931 symbolisch, in Anwesenheit von 2 Ministern, die beiden Blindenstöcke an den Präsidenten der Vereinigung der Kriegsblinden „Union des Aveugles de Guerre“ und an eine blinde Zivilistin; wobei diese beiden Stöcke den Weg zu 5.000 Blindenstöcken freimachen, die sie schnell mit ihrem eigenen Geld finanziert.
Dann geht der Stock auf Entdeckungsreise ins Ausland. Er erobert zunächst Europa und fast genauso schnell die USA, wo die ersten Blindenstöcke im Oktober 1932 in Erscheinung treten, das heißt nur 18 Monate nach Paris. Wenn man bedenkt, dass zu jener Zeit die Mittel der Information, der Kommunikation, des Transports, der Kommerzialisierung weit von dem entfernt waren, was aus ihnen geworden ist, erscheint diese kurze Zeitspanne ganz außergewöhnlich.
Der Blindenstock, nun achtzig Jahre alt, ist quasi universall geworden. Sein Aussehen und sein Gebrauch haben sich, selbstverständlich weiterentwickelt. Er ist verlängert worden, verfeinert: er ist jetzt faltbar, teleskopisch. Kurzum, sehr praktisch!
1947 ist Frau d’Herbemont zum Ritter der Ehrenlegion ernannt worden, dann im Mai 1976 ist sie Offizier geworden.
Zu ihrem Talent als Dichterin und ihren Gaben als Musikerin, machten die Selbstlosigkeit, die Bescheidenheit, die Freigebigkeit, die Intelligenz, der Einfallsreichtum, die Beharrlichkeit in der Tätigkeit / Arbeit von Frau Guilly d’Herbemont, aus ihr einen außergewöhnlichen Mensch.
Kurz vor ihrem Tod teilt sie mit: „Mein Stock lebt. Seit seiner Erfindung, als er als Erkennungsmittel bestimmt war, ist er in Begleitmittel geworden. Man testet ihn und lehrt wie man ihn nutzt. Er muss ein Maximum an Sicherheit und Unabhängigkeit bringen.“
Guilly d’Herbemont ist am 28. Februar 1980 verstorben. Ihr langes Leben war ein schönes Leben, da sie viel half und viel liebte.
Text bearbeitet / Auszug aus „L’AUXILIAIRE DES AVEUGLES“ – April 1990
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Man könnte zu Recht sagen, das für Lateinamerika, Fidaca ihre eigene Guilly hat… in der Person von Frau Julia Santolalla, der wir hier für ihre unermüdliche Arbeit, den Blindenstock blinden Menschen ihres Kontinents zugänglich zu machen, danken.
29/04/2013
Anne Maniero
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Bulletin FIDACA Nr. 27, 1. Halbjahr 2013
Zusammenarbeit: Eric Ghysselinckx, Pater Jean-Baptiste Bondélé, Ignacio Segura Madico, Anne Maniero.
Übersetzer: Karin Landwehr-Münz und Dr Aleksander Pavkovic für Deutsch;
Julia Santolalla und Luis Espinoza Moreno für Spanisch;
Pater André Orban und Pater Havermans für Niederländisch.
secretariat @www.fidaca.org
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Zusammenfassung wichtiger Resolutionen der 8. WBU-Vollversammlung
zusammengestellt vom Präsidenten der FIDACA :