Übersetzung des Essay der Synthese der Nationalen Berichte der ONA vom 17.11.2003
29.04.2004/la

FICACA-KONGRESS,Hagenau 5. -7. September 2003

Essay der Synthese der nationalen Berichte  print

Verweltlichung und Globalisierung
Gebrauch der Ausdrücke:

Globalisierung: (Chile, Peru, Litauen, Großbritannien, Deutschland, Österreich, Schweiz)
Verweltlichung: (Italien, Togo, Lettland, Frankreich)

Worin unterscheiden sich die beiden Ausdrücke?

Die Verweltlichung ist ein Prozess der Erweiterung des Wirtschaftsraumes dank des freien Handels; er führt jedoch zum Verlust der Unabhängigkeit der lokalen und nationalen Wirtschaftspolitik.

Die Globalisierung ist eine Produktionsintegration mittels Zusammenschaltung der Märkte, der Güter, der Dienstleistungen und der Finanzmärkte (Benin).

Analyse eines komplexen Phänomens
Neuer Ausdruck, dessen Auswirkungen noch nicht alle erkundet sind. Die positiven oder negativen Folgen hängen von der grundsätzlichen Auswahl ab: dem Dienst am Menschen oder des Wachstums ohne Rücksicht auf Solidarität. Für eine neue Kultur der Solidarität, gefestigt durch komplexe und ausdauernde Dialoge mit der realen Struktur der verschiedensten sozialen Zustände des Planeten, ist eine politische und wirtschaftliche Demokratie nötig. (Italien)

Verweltlichung und Kirche
Die „katholische" Kirche ist die erste Verwirklichung der Globalisierung (Österreich).
Katholische Kirche bedeutet universelle Kirche für das Zusammentreffen von Vielfalt und Reichhaltigkeit jeder Kultur. (Chile)
Ein neues Pfingsten erleben.(NB: Großbritannien sieht sich als wichtiger Beteiligter am Weltmarkt, im Herzen Europas mit einer privilegierten Verbindung zu den USA. Außerdem sei sie noch eine multikulturelle und multiethische Gesellschaft). Eine globale Ethik, die sich seit den ökumenischen Konzilen von Nicée bis zum 2. Vatikan entwickelt hat (Großbritannien).

HERAUSFORDERUNGEN
medizinische Forschung: Malaria, Tuberkulose, Aids
Wasserwirtschaft
Finanzielle Verbindungen: Schuldenerlass für die ärmsten Länder
Bittgesuche der Mitglieder des Voir Ensemble (Frankreich)


Übersetzung des Essay der Synthese der nationalen Berichte Seite 2 

1. Einfluss der Verweltlichung auf die behinderte Person 

Chancen und Gefahren der Globalisierung (cfr 2. ökumenische europäische Zusammenkunft 1997). (Österreich)
Eine neue Anordnung, der man sich anschließen könnte, wenn sie den 5 Lebensnotwendigkeiten entsprechen würde, wäre: sich ernähren, sich kleiden, wohnen, sich verpflegen, sich bilden; aber im Moment ist dafür nichts getan. (Benin)
Die aktuelle Globalisierung entspricht nicht den Versprechungen Gottes für seine Schöpfung sondern den wirtschaftlichen Interessen. (Deutschland)

Positive Aspekte:
Vereinigung zwischen den Ländern und den Kulturen, interethischer Dialog, ökumenischer Geist, Demokratie, Technologie, Meinungsfreiheit, Verkürzen der Entfernungen, effiziente und blitzartige Kommunikation; der erste Schritt zur Utopie einer einzigen Menschheit. (Chile)
Direkter Kontakt mit allem was auf der Welt passiert. Keine Regierung kann verheimlichen, was in anderen Regionen des Landes oder im Ausland passiert. Weniger Gefahr von Tyrannei, Folter und Massakern dank der Kommunikation und dem internationalen Druck. Dank dem Internet erweitern die Studenten ihren Horizont. Auf dem Markt findet man alle Produktsorten und die Lebensqualität verbessert sich, obwohl die Gehälter niedrig sind. Die Frauen besetzen immer mehr wichtige Posten in den Regierungen und den freien Berufen. Die hochtechnisierte Informatik, Medizin und Chirurgie sind die positiven Beiträge zur Globalisierung. (Peru)
Informatik. Für die Blinden Gemeinschaftsarbeit und Erfahrungsaustausch. Die Blinden können mit dem Computer umgehen wie die Sehenden. Abschaffung der Grenzen. Hoffnung auf Aufnahme in die europäische Union. (Litauen)
Dank des Internets Kommunikationsmöglichkeit mit der Bevölkerung anderer Nationen. (Großbritannien)
Viele Völker können wachsen und sich entwickeln. (Großbritannien)
Ankunft von Waren aus der ganzen Welt z.B. Elektronik für Sehbehinderte. Informationen und Kommunikation für und mit der ganzen Welt z.B. Vorbereitung des Kongresses. (Deutschland)
Weltweiter Informationsaustausch, weltweite Forschungsprojekte und gleichmäßige Verteilung der Güter. (Schweiz)
Erhöhung der gegenseitigen Abhängigkeit der Länder untereinander. (Togo)

Negative Aspekte:
Sorgen der Blinden. (Litauen)
Rein wirtschaftliches Näherkommen der reichen Länder: theoretisch hat der Behinderte Rechte, aber die Gesetze, die ihn schützen, werden nicht eingehalten oder in die Praxis umgesetzt. (Chile)
Logisch gesehen provoziert die Globalisierung die Rivalisierung der Gesellschaft und vergrößert die Kluft zwischen arm und reich, zwischen den zentral gelegenen Ländern und denen außerhalb, zwischen den Privilegierten und den Ausgeschlossenen. Das trifft besonders auf die Blinden und Sehbehinderten zu. (Chile) 
Zunahme des Elends wegen des völligen Fehlens von neuen Technologien. Dies vertieft zusätzlich die Kluft zwischen den technisch weit entwickelten Ländern und den armen, sehr ausgegrenzten Ländern. (Togo) 


Übersetzung des Essay der Synthese der nationalen Berichte Seite 3 

Den Blinden fällt es schwer, neue Technik zu erwerben.
Befürchtung der negativen Auswirkung auf die Lebensweise. Erhöhung der Wünsche und die Schwierigkeit diese zu erfüllen. (Großbritannien)
Es sind die großen multinationalen Konzerne und das ausländische Kapital, die die Energiequellen und Kommunikationsmöglichkeiten haben, dank der Privatisierung. (Peru)
Die importierten Produkte sind billiger als die nationalen Produkte. Der heimische Unternehmer verschuldet sich und geht schließlich in Konkurs, womit die Arbeitslosigkeit seiner Angestellten einhergeht. (Peru)
Bestimmte Handelsfirmen haben dank eines geschickten Marketings (Riplay y Falabella) Erfolg bei den einkommensschwachen Personen. (Peru)
Der Wille der Regierung zum Erlernen der Computersprache, berührt die Behinderten nicht. Wenige unter ihnen haben Zugang zum Computer. (Chile)
Der Kampf um einen Platz in der Gesellschaft jener Personen mit weniger Fähigkeiten hat begonnen. Ein Gesetz wurde verabschiedet, aber bis heute ist nichts für dessen Ausführung getan worden. Es bestehen viele Ausgrenzungen und Vorurteile gegen Blinde, wenn sie sich um einen Posten bewerben, auch wenn sie ihre Fähigkeiten darstellen. (Peru)
Arbeit. Es ist nicht einzig und allein eine Verdienstquelle sondern eine Möglichkeit, Vollmitglied der Gesellschaft zu sein. Dies trifft im besonderen auf die Blinden zu. Vor 15 Jahren arbeiteten fast alle Blinden. Zur Zeit sind es nicht mehr als 15 - 20 %. Die Befürchtung der Zufuhr von Fremdkapital, deren Besitzer nur ihren Profit sehen. Dieser Wandel erhöht die Distanz zwischen den Arbeitgebern und den Arbeitnehmern. Risiko der Verdrängung der Blinden vom Arbeitsmarkt. Ausbau der großen Unternehmen und Abbau der kleinen. Bleiben die 5 Spezialwerkstätten für Blinde? (Litauen)
Sozialhilfe. In der Sowjetunion gab es für Blinde viele Preisminderungen, auch wenn es eher auf dem Papier stand als dass es verwirklicht wurde. Mit dem freien Markt sind viele Vorteile verschwunden. Z.B. vor 5 Jahren konnten die Blinden 2 Stunden im Monat kostenlos telefonieren. Diese Vergünstigung wurde abgeschafft seit die Gesellschaft privatisiert wurde zugunsten eines finnischen Unternehmens und die Kosten kräftig gestiegen sind. Viele Blinden mussten ihr Telefon abmelden. (Litauen)
Viele Eingliederungsschwierigkeiten für Behinderte: Die Gesellschaft braucht sie nicht. (Lettland)
Gefahr seine lokale und persönliche Identität zu verlieren. Möglicher Verlust einer Ethik, die auf die Würde der einzelnen Person zentriert ist. Voir Laborem Exercens et Centesimus Annus. (Großbritannien)
Erfahrung der Verweltlichung der Industrie: VW in Wolfsburg. Verlangen absoluter Mobilität, Beherrschung der Kommunikationsanforderungen und einer eisernen Gesundheit der Mitarbeiter in den Industriebetrieben. Zerstörung der bestehenden sozialen Verbindungen. Diese Form von Globalisierung macht Angst: bei dieser neuen Form der offenen Grenzen hat man nichts gewonnen. Das trifft auch auf die blinden Personen zu, die Schwierigkeiten haben, dem Verlangen nach absoluter Mobilität, höheren Fähigkeiten im Umgang mit Kommunikationsmitteln (die Blinden sind immer im Rückstand, wenn es um die Anpassung von Erneuerungen geht) und der eisernen Gesundheit nachzukommen. Konsequenz: 80 % der Blinden sind arbeitslos. (Deutschland)
Das individuelle Profitdenken stürzt den Mensch in Armut und Not. Dieses Fehlverhalten verstärkt sich mit der Öffnung der Grenzen und der Gründung von weltweiten Wirtschaftsriesen, die keine Rücksicht nehmen auf die wirtschaftliche Situation von Personen und das benachteiligte Volk. Die Möglichkeit der beruflichen und wirtschaftlichen Entfaltung der arbeitsfähigen Blinden wird geringer. 


Übersetzung des Essay der Synthese der nationalen Berichte Seite 4 
Die Globalisierung und der Neoliberalismus bringen die soziale Marktwirtschaft in Gefahr. Es sind die Behinderten, die darunter am meisten leiden werden. (Österreich). 

2. Herausforderungen, denen sich unsere Gesellschaft im 
Zusammenhang mit der Globalisierung, stellen muss.


Notwendigkeit der speziellen Ausbildung in Informatik, Schaffung von Ausbildungs- und Kommunikationszentren. Bedarf von finanziellen Mitteln für diese Verwirklichungen. (Chile, Litauen)
Notwendigkeit von Weiterbildungsmaßnahmen zwecks Anpassung der Erneuerungen (Litauen)
Analphabetismus, besonders bei Erwachsen, fehlende Berufsausbildung, Mangel an Integrationsprogrammen im Schulsystem zur spezialisierten Schulbildung, Mangel an Eingliederung von Blinden in die Gesellschaft im Allgemeinen. (Togo)
Konkurrenz auf dem inoffiziellen Markt. Schließung von Webwerkstätten für Blinde, weil die Produkte des inoffiziellen Sektors 8-mal billiger sind. Einige Mitglieder der Vereinigung arbeiten in Handelsbetrieben, dank ihrer Beherrschung der Informatik. Die Computerarbeit ist für die Blinden von Vorteil und die Vereinigung begünstigt damit die Selbständigkeit. Die Blinden sind weniger von den freiwilligen Vorlesern abhängig. Man wird das erste Cyber-Café für Blinde eröffnen (dort arbeiten 2 Mitglieder der Vereinigung). (Peru)
Angesichts der Verweltlichung sollte man kein widersprüchliches Verhalten fortführen: sich zurückziehen, im Schutz der eigenen 4 Wände. Dies würde unseren Beitrag zum Dialog mit den Südländern flexibel und schwächlich werden lassen. Ermutigt durch die Verwaltung schlägt die Vereinigung ihren Mitgliedern vor, ihre Erfahrung im privaten wie im öffentlichen Leben zugunsten der Armen zu machen, durch eine Aktion zur Hilfe und Vorbeugung von Augenkrankheiten in südlichen Ländern. (Italien)
Dank der Medien, Vertiefung der internationalen Solidarität, „Die Blinden helfen den Blinden auf der ganzen Welt". Beachtung der Armen, der Menschenrechte und der Verständigung zwischen den Kulturen.
Mehr Leistung der regionalen Vereinigungen für eine effizientere Arbeit.
Ausarbeitung von Projekten, besonders für Kinder, junge Familien und Frauen. Engagement für wirtschaftliche Gerechtigkeit, den Kampf gegen die Armut und eine Friedensaktion. Zusammenarbeit mit den Kirchen im Osten. (Deutschland)
Kontrastreiche Situation. Bestimmte Menschen sind schon gut integriert, aber zu viele Blinde sind noch ausgegrenzt, sogar im eigenen Land. Für die Dritte Welt arbeitet die CSI (Commission de la Solidarité Internationale - Int. Solidaritätskommission) mit der Weltblindenunion und der französischsprachigen Blindenunion zusammen. Voir Ensemble interveniert eigens im Maghreb, im französischsprachigen Afrika, in Südostasien, auf Haiti und auf Kuba.
Bildungsaktionen: Bildungsveranstaltungen für Lehrer und Erzieher, finanzielle Hilfe für Bildungseinrichtungen (Schule, Vereinigungen, Alphabetisierungsstätten), Entsendung von Schulmaterial (Tafeln, Rechenwürfel, Bücher, Zeitschriften, Papier, Hefte). Unterstützung von Verdienst erwirtschaftenden Projekten (Geflügelzucht, Mühlen, Fertigung von Wäschestärke, Kreide und Seife, Herstellung von Fruchtsaft, Brot, Kuchen und Scheuertüchern): Ausbildung, finanzielle Unterstützung, Aushebung von Brunnen, Kauf von Booten etc. (Frankreich).

Übersetzung des Essay der Synthese der nationalen Berichte Seite 5

3. Unsere Beteiligung an der Ortskirche in Zeiten der Verweltlichung 


Mangelnde Besorgnis der Kirche. Man müsste eine Seelsorge schaffen, in der die Blinden integriert sind und wie Pastoralhelfer mitarbeiten können. Die Kirche muss sich mit den neuen Kommunikationsmitteln befassen, zugunsten aller und besonders der Schwächsten. (Chile)
Ständiger Kontakt zur Bischofskonferenz, zu der wir eingeladen sind, um unsere gegenwärtigen Probleme in Bezug auf die Rolle der Kirche zu behandeln. Angesichts des herrschenden Materialismus haben die Mitglieder mehr Besinnungstage und Aktivitäten sowie Werke in Blindenschrift gefordert. (Peru)
Besondere Anstrengung für die Teilnahme der Blinden am Leben der Kirche: Wiederversammlungen, Wallfahrten, Teilnahme an den Aufgaben der Kirche. Blinde gestalten vor allem die Gottesdienste mit als Lektoren, Organisten, Dirigenten und Mitglieder beim Chor oder der Musikgruppen. Blinde sind nicht am Rande der christlichen Gemeinschaft. Sie erfreuen sich der gleichen Rechte und Pflichten wie die Sehenden. (Togo)
Es müsste Frieden unter der Kirchen herrschen, aber den gibt es zur Zeit nicht. (Benin)
Die "Bewegungt" regt die Diözesangruppen an, in den pastoralen Institutionen der Diözese mitzuwirken (Rat der weltlichen Vereinigungen, Kathechesenvorstand), für eine für Behinderte zugängliche Pfarrei und auch bei der Caritas präsent zu sein, um die Aufmerksamkeit auf die Schwächsten und vor allem auf die Immigranten zu ziehen, denen die Mouvement unentgeltlich Brillen angeboten hat. Die Mouvement hat die lokalen Kirchen zur Rede gestellt wegen der Situation von 40 Millionen Blinden in der südlichen Welt. Die Kirche war schon immer ein Prüfstein der Solidarität. Sich gegen die vorherrschende Kultur zu wehren, die die Werte des Evangeliums im Privatleben einschränkt. Die FIDACA müsste in diesem Sinne den nationalen Vereinigungen helfen. (Italien) 
Es muss den blinden Menschen die Fähigkeit ermöglicht werden, ihre christliche Berufung in Anbetracht der Werte des Evangeliums leben zu können, dank einer geistlichen, pastoralen und liturgischen Bildung.
Arbeit mit anderen Organisationen, um das Diskriminierungsgesetz gegenüber Behinderten auch innerhalb der Kirche außer Kraft zu setzen.
Hilfe im Ausland für Blinde einer Region in Rumänien. (Großbritannien)
Pontifikale Missionsvereinigung: „Medizin und Mission". (Deutschland) 
Wie kann man die Globalisierung mit der Ökumene übereinstimmen lassen? Damit sie keine neuen Grenzen schafft sondern diese abbaut. (Deutschland)
Jesus bewertet den Menschen in seiner Gesamtheit, nicht nur den Geist sondern auch den Körper. Das Apostolat der Blinden sensibilisiert die Christen für die Bedürfnisse der blinden Menschen im Süden besonders in Indien und Südafrika. Die Vereinigung will die nationale neutrale Organisation ebenfalls dafür sensibilisieren. (Österreich)
Seit 1990 Teilnahme am katholischen Komitee gegen Hunger und für Entwicklung, das während der Bischofskonferenz 1961 gegründet wurde. „Voir ensemble" sowie andere Entwicklungsbewegungen mit Verbindungen zu den Bistümern und Pfarreien nehmen daran teil. (France)

N.B. Der Bericht Spaniens erklärt den Grund, warum die kath. Vereinigung, die nach 1982 gegründet wurde, noch nicht Vollmitglied der FIDACA sein kann.

ONA / André Tihon 17. November 2003

 

|DATEIDOKUMENTE||HOME|